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Der absolute Griff

Das Hopfengut zur Hopfenernte gleicht einem Ameisenhaufen. Maschinenlärm, viele Menschen, Scheppern und Dröhnen. Erst spät am Abend kehrt langsam Ruhe ein. Die Besucher fahren zufrieden nach Hause, in der Gaststätte werden die Stühle auf die Tische gestellt, die Pflückmaschine, unser eiserner Drache, verstummt und die Lichter gehen aus. Feierabend.

Moment, unterm Dach brennt doch noch Licht!? Ob sich wohl wieder ein Besucher im Museum verirrt hat? Natürlich nicht. Vielmehr wacht dort einsam der Hüter des Hopfenhochofens. Hochofen weil so heiß, dass man damit Metall schmelzen könnte? Nein... vielmehr Hochofen, weil er mit 15 Metern ganz schön hoch ist. Ein wahres Wahrzeichen eines jeden Hopfenbetriebes. Im Fachjargon spricht man ganz einfach von der Hopfendarre. Die Aufgabe dieser imposanten Trocknungstürme ist wie der Name schon erahnen lässt, die frisch geernteten Hopfendolden zu trocknen. Klingt einfach, ist aber nicht so. Entscheidend ist, dass unser grünes Gold nur in getrockneter Form haltbar ist. Dafür müssen die Hopfendolden bei 64 Grad Celsius über drei Stockwerke von ganz oben nach unten in die Schublade. Jeder leidenschaftliche Kuchenbäcker erblasst vor Neid, wenn er dieses 30 m² große Backblech aus dem Ofen schweben sieht.

Das Erkennen des optimalen Wassergehalts der Dolden ist ein Ritt auf der Rasierklinge, denn 8 % Feuchtigkeit sind zu trocken und 12% sind zu nass.  Ob der richtige Zustand erreicht ist oder nicht lässt sich nicht einfach auf einem Display ablesen. Nein, vielmehr muss man es fühlen. Hierfür sind wahre Teufelskerle gefragt, mit dem feuchtigkeitsbestimmenden Griff, die Darrmeister. In der Musik spricht vom absoluten Gehör. In der Hopfendarre vom absoluten Griff. Dieser Beitrag ist eine Hommage, an diese grün-klebrigen und massiv nach Hopfen riechenden, verwegenen Agrarhelden, die täglich aufs Neue vor der schwerwiegenden Entscheidung stehen: GN*, SN** oder womöglich FT***.

 *genau richtig | **seuch nass | ***furz trocken

 

 

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